Beckenbodentraining – Für (d)eine starke Mitte

Deine starke Mitte

Willkommen bei meiner neuen Bloghouse-Interviewserie Nachgefragt! Was wisst ihr über den Beckenboden? Und was passiert, wenn er seine Aufgaben nicht mehr erfüllen kann? Leider sind viele Frauen – unabhängig vom Alter – von einer Beckenbodenschwäche betroffen. Somit startet der erste Blogbeitrag der neuen Bloghouse-Serie mit dem bedeutenden Thema Beckenbodentraining. Ich habe Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Kainz, Ärztlicher Leiter der Privatklinik Döbling und Leiter der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe um ein Interview gebeten. Denn Probleme mit dem Beckenboden sind vielseitig und immer noch ein Tabuthema. Zeit, das zu ändern…

Das geheime Kraftzentrum

Die Beckenbodenmuskulatur ist ständig mit uns in Bewegung, ob beim Ein- und Ausatmen, beim Gehen oder beim Sport. Sie gibt dem Körper Stabilität und das in vielfacher Hinsicht. Einerseits stützt ein starker Beckenboden die Rumpfmuskulatur und die Wirbelsäule und ermöglicht so eine aufrechte Körperhaltung. Andererseits trägt er die inneren Organe, die bedingt durch die Schwerkraft stetig Druck nach unten ausüben. Zudem sorgt er dafür, dass Blase und Darm sich nur dann entleeren, wenn wir es möchten. Aus gutem Grund wird der Beckenboden daher als starke Mitte bezeichnet. Hinzu kommt, dass eine aufrechte Körperhaltung ebenfalls unser mentales Wohlbefinden positiv beeinflusst und unsere Attraktivität erhöht. Und last, but not least: Ein starker Beckenboden steigert die Durchblutung und steht demnach für lustvollen Sex.

Der Beckenboden ist so wichtig geworden, weil der Mensch aufrecht geht – er ist eine wichtige Stütze sowie ein bedeutender Faktor für ein vitales und glückliches Leben.

Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Kainz

Wie ihr vielleicht schon vermutet, schließt der Beckenboden also den Bauchraum nach unten ab. Er besteht aus drei übereinander gelagerten Muskelschichten, Bändern und Bindegewebe. Am einfachsten stellt ihr euch die Beckenbodenmuskulatur als ein fächerförmiges Netz vor, das einerseits vom Schambein bis zum Steißbein reicht und andererseits an den Sitzbeinhöckern verankert ist. Die unterste Muskelschicht hingegen führt wie eine Acht um die erforderlichen Körperöffnungen herum. Niest oder lacht ihr, muss der Beckenboden dagegenhalten, um den entstandenen Druck im Bauchraum auszugleichen. Diese Anspannung erfolgt unbewusst und verhindert, dass es beispielsweise zu unerwünschtem Urinverlust kommt. So wie sich die Beckenmuskulatur zum Verschließen anspannt, muss sie sich in bestimmten Situationen – auf der Toilette, beim Sex oder auch bei einer Geburt – entspannen und „öffnen“ können.

Schwächen erkennen

„Gerade der Beckenboden ermöglicht dem Menschen seinen aufrechten Gang. Und dadurch wird er auch zur Schwachstelle“, erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Kainz. „Vor allem Frauen, die mehrere und langwierige Geburten hatten und große Kinder geboren haben, sind besonders anfällig für eine Beckenbodenschwäche“, ergänzt der Leiter der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe.

Doch gesundheitliche Probleme mit dem Beckenboden sind nicht immer auf eine Schwangerschaft beziehungsweise die Geburt zurückzuführen, auch andere Faktoren können dafür verantwortlich sein:

  • Bindegewebsschwäche
  • Schlechte Körperhaltung
  • Regelmäßig schwere bzw. falsche körperliche Belastungen
  • Langes Sitzen bzw. zu wenig Bewegung
  • Starkes Übergewicht
  • Menopause
  • Leistungssport – vor allem High-Impact-Sportarten, wie z.B. Ballsport, Turnen, Trampolinspringen

Und eines muss hier auch gesagt werden: Das Alter spielt keine Rolle, wenn es um eine Beckenbodenschwäche geht, denn viele junge Frauen – auch Sportlerinnen – sind davon betroffen – ebenso wie Männer.

Anfänglich bleibt ein schwacher Beckenboden meist unbemerkt, auch wenn ein häufiges Zur-Toilette-Müssen oder Rückenschmerzen auf Probleme hinweisen können. „Die Grade einer Beckenbodenschwäche sind unterschiedlich“, erklärt Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Kainz „und reichen von unkontrolliertem Harnverlust in kleinen Mengen bei Belastung über eine Blasenentleerungsstörung oder Stuhlverlust bis hin zu Organsenkungen. Bei einer ausgeprägten Schwäche des Beckenbodens kommt es zu starken Beeinträchtigungen, da beispielsweise die Gebärmutter in die Scheide absinken oder durch die Scheidenöffnung hervorfallen kann.“

Doch kann der Beckenboden ebenso zu verspannt sein, beispielsweise durch eine hohe Stressbelastung. „Zum Problem der Inkontinenz können ebenso Schmerzen beim Geschlechtsverkehr die Folge sein“, ergänzt Prim. Univ. Prof. Dr. Christian Kainz.

Raus aus der Tabuzone

Wird das Thema Beckenbodentraining vernachlässigt, hat dies meist für die Betroffenen weitreichende Auswirkungen im Alltag. „Gerade Harnverlust ist ein Tabuthema, wird oftmals nicht geäußert und schränkt die Lebensqualität stark ein“, so der ärztliche Leiter der Privatklinik Döbling Prim. Univ.-Prof. Dr. Christian Kainz „dabei gibt es erfolgversprechende Therapien, die wieder für einen belastbaren Beckenboden sorgen können.“

Beckenbodentraining ist also in jedem Fall sinnvoll, unabhängig vom Alter, ob zur Vorbeugung als auch bei akuten Problemen. Denn Muskeln, die nicht oder falsch benutzt werden, werden schwächer oder verspannen sich – so auch der Beckenboden.

Deine starke Mitte
Der Beckenboden – eure starke Mitte! (c) Image by gstudioimagen on Freepik

Damit wir also unsere starke Mitte finden, benötigen wir einen trainierten Beckenboden. Und um diese Muskulatur zu trainieren, müsst ihr sie spüren und ansteuern können. So lautet der Tipp des Experten: Finger in den Scheideneingang legen, Muskeln zusammenziehen und fühlen, ob der Finger umschlossen wird. Ist dies nicht der Fall, dann heißt es: Trainieren – und das regelmäßig!

Beckenbodentraining – so geht’s

Um der Muskulatur des Beckenbodens wieder die gewünschte Stabilität zu verleihen, muss diese stimuliert und trainiert werden. Nur so bekommst du eine schlechte Körperhaltung, damit verbundene Schmerzen und eventuelle Inkontinenz in den Griff. „Das Beckenbodentraining unter Anleitung einer erfahrenen Physiotherapeutin ist wirkungsvoll,“ so Prim. Univ.-Prof. Dr. Kainz. „Wichtig dabei ist, dass die Übungen richtig erlernt und regelmäßig angewandt werden. Die Magnetfeldtherapie zur Stimulation der Muskulatur ist ebenso erfolgreich und auch das Beckenbodentraining mit speziellen Kegeln kann hilfreich sein.“

Ich stelle euch gleich die unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten vor. Wetten, dass für euch die Richtige dabei ist!

Individuelle Physiotherapie

Entscheidet ihr euch für ein Training mit einer erfahrenen Physiotherapeutin, könnt ihr sicher sein, dass die Therapieprogramme individuell auf eure Probleme zugeschnitten sind. Wie ihr bereits erfahren habt, ist der Erfolg jedoch abhängig von der korrekt erlernten Durchführung der Übungen wie von eurer Mitarbeit. Und da beginnt oftmals das Problem. Denn plant ihr nicht regelmäßig die Zeit für eure Übungen zuhause ein oder macht ihr diese nachlässig, wird sich auch der gewünschte Erfolg nicht einstellen.

Ich habe bei Valerie Schieder – Physiotherapeutin am Institut für Physikalische Medizin und Rehabilitation der Privatklinik Döbling – nachgefragt und großartige Tipps für euch erhalten. Auf den nachfolgenden Fotos zeigt euch Valerie zwei Übungen zum Beckenbodentraining. Und ja, ich habe die Übungen auch mitgemacht und baue sie in meine morgendliche Me-Time-Routine einzumindest versuche ich es 😉

BAUCHATMUNG – diese Übung solltet ihr 10x täglich machen. Und legt dabei unbedingt die Hände auf den Bauch, denn so spürt ihr eure Atmung.

Rückenlage – Beine aufgestellt – tief durch die Nase einatmen, bis sich der Bauch nach außen wölbt. Dann durch den Mund so lange wie möglich laut ausatmen – dabei den Nabel nach innen ziehen.

BRIDGING – hier solltet ihr täglich 3x 10 Wiederholungen einplanen.

Rückenlage – Beine aufgestellt – Po anspannen – Becken so weit wie möglich anheben. Die Position (links) 3 Sekunden halten und dann langsam das Becken absenken.

Tipps von Valerie | Für deinen Beckenboden-Alltag:

  • Beim Entleeren der Blase solltet ihr auf der Toilette aufrecht sitzen – nicht pressen und vor allem Zeit lassen. Und den Urinstrahl nicht unterbrechen.
  • Untertags den Beckenboden immer wieder anspannen, z.B. beim Autofahren, beim Warten auf den Bus, beim Gehen oder beim Kochen. Das könnt ihr überall – und für andere unbemerkbar – machen.
  • Versucht beim Niesen oder Husten den Beckenboden anzuspannen und den Kopf zur Seite zu drehen – so lastet weniger Druck auf dem Beckenboden.
  • Hebt ihr schwere Gegenstände, dann immer nahe am Körper mit geradem Rücken und aus der Kraft der Oberschenkel heraus. Das schont den Beckenboden und auch den Rücken.
  • Und bei Anstrengung – wie z.B. beim Fitnesstraining – ausatmen.

Training mit Entspannungsfaktor

Während ihr beim Beckenbodentraining also aktiv mitarbeiten und regelmäßig eure Übungen machen müsst, ist das Training mittels Magnetfeldstimulation reinste Entspannung. Denn es heißt: 22 Minuten auf einem Stuhl Platz nehmen und nichts tun. So dachte ich, als ich auf dem bequemen PelviPower Stuhl Platz nahm… doch dann hat Tatiana Neuwirth – Dipl. Gesundheits- und Personaltrainerin und Inhaberin Mrs.Sporty Neulengbach – das Trainingssystem aktiviert. Es beginnt ein Power-Training der besonderen Art. Denn die Magnetspule unterhalb der Sitzfläche des Stuhls, der einem bequemen Massagesessel ähnelt, erzeugt an die 25 000 Muskelkontraktionen. Durch die abwechselnde Anspannung und Entspannung wird die Muskulatur stimuliert und gestärkt. Beachtenswert ist, dass die Magnetfeldtherapie eine Tiefenwirkung erzielt, die mit herkömmlichen Trainingsmethoden in dieser Art nicht erreicht wird. Auch ist die Trainingsintensität über Touchscreen individuell anpassbar.

Ihr wollt nun sicher wissen, wie es war! Ich kann nur sagen: Probiert es aus! Denn es ist unbeschreiblich, da das PelviPower Trainingssystem Muskeln aktiviert, die scheinbar im Ruhemodus waren. Mein erster Eindruck danach: Meine Körperhaltung ist wesentlich aufrechter. Ich möchte den PelviPower Chair weiterhin nutzen, um meine innere Mitte und so meine Körperhaltung zu stärken. Übrigens: Für das Training benötigt ihr keine Sportkleidung und es ist natürlich schmerzfrei. Doch muss auch gesagt werden, ein gesundes Ausmaß an Bewegung und Fitness ersetzt die Magnetfeldtherapie nicht.

Dieses Trainingssystem ist geeignet…

zur Stärkung des Beckenbodens vorbeugend oder nach Geburten, bei schlechter Körperhaltung und daraus resultierenden Beschwerden, bei Inkontinenzproblemen und für alle, die sich mehr Körperspannung wünschen. Für Personen mit Herzschrittmachern, Herzrhythmusstörungen oder metallischen Implantaten ist das Training beispielsweise nicht geeignet. Auch Piercing im Intimbereich müssen vorab entfernt werden, da diese durch die Magnetfeldimpulse sehr heiß werden. Aber Näheres erfahrt ihr vor der ersten Trainingseinheit – da müsst ihr vorab nicht nur einige gesundheitliche Fragen beantworten, sondern bekommt auch eine informative Einschulung zum Thema Beckenboden & das PelviPower Trainingssystem.

Und noch mehr Möglichkeiten…

Wer wenig Zeit hat und gleichsam nebenbei zuhause ein Beckenbodentraining absolvieren möchte, ist mit dem LUBEXXX Trainingsset gut beraten. Dabei wird ein Silikonkegel wie ein Tampon in die Scheide eingeführt. Zwei Gewichte, die sich im Inneren des Kegels befinden, geraten bei Bewegung in Schwingung und trainieren folglich die Muskulatur. Wichtig nach dem Einführen ist die Bewegung, sonst ist der Trainingseffekt gleich Null.

Wer seinem Beckenbodenfeeling nicht vertraut, kann auch mittels Biofeedback trainieren. Und schon kannst du deine Übungen mit Kegeln über eine App kontrollieren und sehen, ob du die Beckenbodenmuskulatur richtig aktivierst. Das ist wichtig, um die Muskeln nicht zu verspannen. Denn wie du bereits weißt, verursacht dies ebenso Probleme, wie ein zu schwacher Beckenboden.

„Zurzeit ist auch eine vaginale Lasertherapie bei Belastungsinkontinenz stark im Gespräch. Dabei werden mittels Laser kleine Verletzungen des Bindegewebes verursacht. Doch die Therapie ist hochpreisig und es gibt noch keine klinische Vergleichsstudie betreffend Erfolg“, ergänzt Prim. Univ.-Prof. Dr. Kainz. „Zeigen sich die herkömmlichen Therapien erfolglos oder ist der Beckenboden stark gesenkt und die Bänder überdehnt, dann ist eine Operation anzuraten. Dabei werden Kunststoffnetze oder Bänder eingesetzt, um die Bindegewebsschwäche auszugleichen und einen langfristig haltbaren Therapieerfolg zu erzielen.“ 

Und wer von euch vielleicht noch oder wieder einen Hula Hoop Reifen zuhause hat, kann auch damit seine Mitte stärken. Mehr erfährst du in meinem Blogartikel: Hula Hoop – Der Hype um den Reifen.

Bleibt dran am Beckenbodentraining – für eine starke Mitte!

Abschließend nochmals ein großes Dankeschön an alle Experten, die mich bei der Entstehung dieses Blogartikels unterstützt haben!
Und ihr, meine Lieben, schreibt mir doch eure Erfahrungen, Fragen oder Anregungen zu neuen Interviewthemen gern in die Kommentare!

In den nächsten Tagen verlosen wir auf unseren Social-Media-Kanälen noch 6x das Buch Stabile Mitte von Nadja Dörner – für alle, die ihren Beckenboden und ihre Bauchmuskulatur stärken wollen.

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